Zu diesem Thema möchte ich gerne eine kurze Anekdote erzählen: Als wir vor vielen Jahren mit elektronischen Ausschreibungen begonnen haben, hat mir eine Abteilungsleiterin gesagt, dass wir das gerne überall machen können, allerdings nicht in ihrem Bereich, da diese Lösung dort nicht richtig funktionieren würde. Ich habe ihr diese Software jedoch ebenfalls „rezeptpflichtig verschrieben”. Nach einem Jahr bin ich dann zu ihr gefahren und habe mir einen kleinen Spaß erlaubt: Ich sagte ihr, dass wir das mit den Ausschreibungen alles wieder wie früher machen. Da ist sie ganz blass geworden. Sie sagte, dass sie das heute kapazitiv gar nicht mehr abbilden kann, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erledigen inzwischen ganz andere und wichtige Aufgaben. Und tatsächlich: viele Einkäufer konnten sich beruflich weiterentwickeln, erledigen nun viel spannendere Aufgaben.
Es dauert einfach seine Zeit, bis Menschen derlei Veränderungen annehmen. Man muss die Mitarbeiter jedoch stets von Anfang an mitnehmen und ihnen erklären, warum die Veränderungen jetzt kommen. Und so hart es klingen mag: Manchmal muss man einfach eine Richtung vorgeben und sagen “Das machen wir jetzt so“. Und wenn der neue Prozess dann erst einmal läuft und funktioniert, finden es die meisten super und sind begeistert.
Prof. Dr. Machholz: “Das ist wohl wahr. Wenn wir nun in Richtung Globalisierung schauen: Du hatest bereits erwähnt, dass Firmen Ihre Güter und Disnstleistungen nicht mehr nur lokal, sondern seit Jahrzehnten in der ganzen Welt einkaufen. Dies erhöht natürlich die Komplexität der Lieferketten und hat zwangsläufig u.a. auch längere Genehmigungsverfahren zur Konsequenz, in denen teilweise stark unterschiedliche Regularien und Compliance-Aspekte mit berücksichtigt werden müssen. Inwieweit können uns digitale Tools hier unterstützen, indem sie Prozesse z.B. transparenter und schneller machen?”
Dr. Piepel: “Ein Beispiel aus der Globalisierung des Einkaufs: Viele Einkäufer kennen sich beispielsweise nicht mit dem vietnamesischen Lieferantenmarkt aus. Waren vermutlich auch noch nie in Vietnam und wissen daher auch gar nicht, welche potenziellen Lieferanten es dort gibt. Die digitalen Tools, die es heute gibt, können den Einkäufern jedoch viele Daten und Informationen über die potenziellen Lieferanten erzählen: Haben Sie ISO-Zertifikate vorliegen, Umweltschutz-Zertifikate, wie sieht es aus in Sachen Kinderarbeit? All diese Infos sind plötzlich zentral und digital vorhanden. Ich kann mit den heutigen Softwarelösungen ganze Lieferketten verfolgen und genau sehen, wo sich mein Container befindet. Dank der Digitalisierung kann man nahezu alle Prozesse relativ leicht im und außerhalb des Unternehmens verfolgen. Sie hat dazu geführt, dass komplexe Lieferketten über Kontinente hinweg möglich und sogar vergleichsweise einfach geworden sind.”
Prof. Dr. Machholz: “Ich denke, es ist ganz wesentlich, was du gesagt hast: Wir benötigen hier Echtzeitdaten. Denken wir nur einmal an das Containerschiff Ever Given, dass im vergangenen Jahr im Suezkanal querstand und so globale Lieferketten für mehrere Tage blockiert hat. Da muss ich als Unternehmen natürlich sofort wissen, ob meine Lieferanten oder meine Lieferkette betroffen ist und falls ja, welche Kundenaufträge ggf. nicht oder nur verspätet ausgeliefert werden können, um entsprechende Abstellmaßnahmen treffen zu können.
Uli, nach dem Blick in die Vergangenheit, lass uns jetzt bitte gemeinsam in unsere berühmte Kristallkugel schauen: Was sind deiner Meinung nach zukünftig wesentliche Veränderungen im Einkaufsbereich? Und wie können diese die Beschaffung vorantreiben?”
Dr. Piepel: “Es gibt eine Vielzahl zukünftiger Veränderungen, die ich sehe. Zum einen wird der Durchdringungsgrad des Einkaufs mit Digitallösungen substanziell größer werden. Bedeutet: Wer als Einkaufsleiter nicht digitalisiert, wird irgendwann zwangsläufig wegrationalisiert. „Digitize or Die“. Denn der Einkauf hat einen extrem hohen Einfluss auf die Rentabilität eines Unternehmens. Auch wenn manche CEOs den Einkauf immer noch als eine Servicefunktion sehen.
Vor allem braucht man aber in den kommenden Jahren eine andere Art von Einkäufern. Wir brauchen beispielsweise Daten-Analysten, die Daten ermitteln, aufbereiten und Erkenntnisse daraus gewinnen. Der Einkauf braucht zudem Experten, die sich mit dem Thema Digitalisierung auskennen und global analysieren, was auf dem Markt an Lösungen angeboten wird und die besten Lösungen auch relativ schnell einführen können.
Die Einkaufssoftware wird sich zudem substanziell weiterentwickeln. Stichwort Künstliche Intelligenz. Diese wird immer mehr genutzt werden, um die Einkäufer bei der Vielzahl der Daten, die sie auswerten müssen, zu unterstützen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir in den nächsten Jahren eine stark veränderte Einkaufswelt erleben werden. Ich bin froh, dass da eine Generation von Einkäufern folgt, die digital affin ist, die mit den Tools und Systemen aufwächst und diese auch mit Begeisterung annimmt. Die womöglich sogar eine Einkaufswelt ohne digitale Tools und Systeme für unvorstellbar und zugleich als Arbeitsplatz für unattraktiv hält. Ich bin mir sicher: Der Einkauf wird substanziell weiter an Bedeutung, Innovationskraft und Wertschätzung gewinnen, wenn er digital aufgestellt ist, mutig ist und exzellente Mitarbeiter einstellt.“
Betrachtet man den Wandel, der sich in den letzten 40 Jahren im Einkauf und der Beschaffung vollzogen hat, stellt sich die Frage: Wo führt das alles hin? Eines ist klar: Digitalisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz sind nicht mehr wegzudenken und werden den Wandel maßgeblich weiter vorantreiben und bestimmen. Und das zu Recht: Helfen digitalisierte und automatisierte Services wie die von Amazon Business doch dabei, die Beschaffungsprozesse in Unternehmen effizienter zu gestalten, den Einkauf zu vereinfachen und damit Zeit und Geld zu sparen. Eine elektronische Steuerung von Bestellungen kann zudem für mehr Transparenz sorgen. So können Sie sich auf die strategischen Projekte im Einkauf, Ihre Mitarbeiter:innen und das Wachstum Ihres Unternehmens konzentrieren.